Die vaginale Geburt ist seit Millionen von Jahren die natürlichste Art, Kinder auf die Welt zu bringen. Von der Evolution her hat dieser Geburtsweg auch seinen Sinn. Nicht nur, dass Kinder beim Weg durch den Geburtskanal mit Kleinstlebewesen (welche die menschliche Körperoberfläche gleichermaßen wie die inwendigen Schleimhäute usw. besiedeln) in Kontakt kommen und bereits hierdurch ihr Immunsystem stimuliert werden soll.

Neugeborene, welche sich durch einen engen Geburtskanal „kämpfen“ mussten, um das Licht der Welt zu erblicken, sollen auch in ihrem späteren Leben besser mit Schwierigkeiten zurecht kommen als solche, welche ohne eigene Anstrengung mittels Kaiserschnitt geboren wurden. Es gäbe noch eine ganze Reihe von Argumenten, welche für eine vaginale Geburt sprechen. Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren ein eindeutiger Trend zur Kaiserschnittgeburt durchgesetzt. Nicht selten wird dies mit den von der Gebärenden bei der Geburt zu erleidenden Schmerzen sowie mit den Risiken bzw. möglichen Komplikationen der natürlichen Geburt begründet.

Noch häufiger besteht möglicherweise aber der Wunsch, die bevorstehende Geburt nach Plan „abwickeln“ zu wollen, d.h. zu einem Zeitpunkt, der einem zeitlich oder von den Umständen her gut passt. Das ist wohl -ohne es bewerten zu wollen- ein Phänomen unserer gut organisierten und häufig peinlich genau getakteten Zeit.

Andererseits gibt es aber auch vielfältige gesundheitliche Umstände der Schwangeren, welche den Kaiserschnitt zu einer ernst zu nehmenden möglichen Alternative werden lassen. Der Geburtshelfer muss in einer solchen Situation von sich aus mit der Schwangeren über die Möglichkeit einer Schnittentbindung reden und sie über die unterschiedlichen Risiken und Vorteile der verschiedenen Entbindungsmethoden aufklären.

Tut er dies nicht, und kommt es dann im Rahmen der vaginalen Geburt zu Komplikationen, durch welche das Neugeborene gesundheitlich geschädigt wird (etwa schwere körperliche und geistige Behinderungen aufgrund eines Sauerstoffmangels während des Geburtsvorganges), haftet der Geburtshelfer dem Kind auf Schadenersatz für sämtliche, im Laufe seines weiteren Lebens entstehenden Schäden.

Dies hat der Arzthaftungssenat beim Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Entscheidung vom 28.10.2014 – VI ZR 125/13 erneut klargestellt.

 

Dieser Beitrag wurde verfasst von Fachanwalt für Medizinrecht Benedikt Jansen/Kempten (www.jansen-muehl.de)